Entweder man liebt es oder man verabscheut es - kaum eine Nascherei ist umstrittener als Lakritze. In Deutschland gibt es dabei ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Die Lakritze-Liebhaber sind hauptsächlich im Norden anzutreffen. Und je weiter man nach Norden kommt, desto schärfer dürfen Lakritze sein. Hergestellt wird Lakritze aus dem Extrakt der Süßholzwurzel. Die Heimat des Süßholzstrauchs ist der Mittelmeerraum und Westasien. Und hier wird er bereits seit Jahrtausenden geschätzt. Was für die Chinesen Ginseng, war für die Ägypter Süßholz. Sie legten Süßholzwurzeln in die Gräber, gegen Hunger und Durst auf dem Weg ins Jenseits. Die Ägypter stellten auch ein Lakritzegetränk namens Mai sus her. Aber auch in anderen Bereichen der Antike wurde Süßholz verwendet. Die alten Hindus glaubten, es würde die sexuelle Vitalität erhöhen, wenn es zubereitet als Getränk mit Milch und Zucker getrunken wird. Theophrastos von Eresos, der um 350 v. Chr. lebte, schätzte Lakritze als Heilmittel gegen Husten und als Durstlöscher. Es soll daher zur Standardausrüstung der römischen Soldaten gezählt haben. In etwa 80 n. Chr. empfahl Plinius die Süßholzwurzel für eine klare Stimme und zur Linderung von Durst und Hunger. Während des Mittelalters stieg der Wert von Süßholz. Es wurde verwendet, um die schlimmen Folgen von stark gewürztem und verdorbenem Essen zu lindern. König Edward I. soll im Jahr 1305 eine Importsteuer auf Lakritze eingeführt haben, um damit die Reparatur der London Bridge zu unterstützen. Im 15. Jahrhundert war Lakritze ein fester Bestandteil der Apotheken.
Lakritze als Süßigkeit
Neben der medizinischen Bedeutung stieg allerdings auch die Bedeutung der Süßholzwurzel für die Genussmittel. Lakritze wurde als Aromastoff in Süßspeisen und Tabak verwendet und als Treibmittel in Bier. Im Jahr 1558 begannen Dominikaner bei Yorkshire mit dem Anbau von Süßholz in England. Hier entstanden auch die Pontefract cakes, als 1760 ein Apotheker namens George Dunhill der Lakritze Zucker zusetzte, so dass sie von da an als Süßigkeit verzehrt wurde. Insbesondere als Süßigkeit für Kinder ist Lakritze seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts in zahlreichen Formen beliebt, so als Schnecken, Rauten oder als Taler.
Weit verbreitet sind Lakritze heute vor allem in Skandinavien und den Niederlanden. Die Niederländer halten mit einem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von zwei Kilogramm den weltweiten Rekord. Die Deutschen schaffen davon gerade mal ein Zehntel. Lakritze wird in den verschiedensten Geschmacksrichtungen und Formen als Süßigkeit angeboten. Hauptsächlich wird zwischen süßer und salziger Lakritze unterschieden. Ein weiterer bekannter Zusatzstoff ist Salmiak, der vor allem in Skandinavien der Lakritze beigemischt wird. Der Salmiakanteil muss ausgewiesen werden.
Lakritze als Getränk
Lakritze ist Bestandteil vieler Teesorten. Darüber hinaus findet es jedoch auch in der Alkoholherstellung Verwendung. Das Mischgetränk Salmiakki Koskenkorva ist in Finnland weit verbreitet. Die tiefschwarze Spirituose hat 32 % Alkohol und schmeckt intensiv nach Lakritze. Die in Island beliebten Lakritzegummis Opal und Tópas sind beide auch als pechschwarze, alkoholische Getränke erhältlich. Sie sind scharf und intensiv im Geschmack. In Deutschland ist vor allem Lakritzlikör verbreitet.
Lakritze in der Küche
Während Süßholzpulver oder -extrakt als Gewürz in der chinesischen und arabischen Küche ein fester Bestandteil ist, fängt es in Europa gerade erst an, sich seinen Platz in der modernen Küche zu erobern. Doch Vorsicht ist geboten: Süßholz ist rund 50 Mal süßer als Rohrzucker. Fein dosiert jedoch setzt Süßholzpulver interessante Akzente, ist unaufdringlich und erinnert eher an den Geschmack von Anis und Fenchel. Doch auch Lakritzeprodukte eignen sich zum Experimentieren in der Küche. Allerdings sollte man dabei auf die Verwendung reiner Varianten achten, da Beimischungen den Geschmack der Speisen beeinflussen können. Diese reinen Varianten findet man in der Apotheke, ebenso Süßholz, Lakritzextrakt, -Tee und -Elixier. Andere Bezugsquellen sind Asia-Shops, Versandhändler und Kräuterläden. Scheu vor der Verwendung braucht niemand zu haben. Ob in Süßspeisen und Kuchen oder zu Braten und feinen Soßen – Lakritz passt irgendwie überall dazu. Der herb-süßliche Geschmack lässt sich hervorragend mit Anis und Pfefferminze kombinieren, aber auch Schokolade, Zitrone, Zimt und Ingwer sind spannende Begleiter. Und warum sollte Lakritz nicht auch mal eine Verbindung mit Pfeffer und Chili eingehen?
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Veröffentlicht von GOURMETmagazin
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