Wenn die Hotelgäste mit dem Fischer rausfahren.

Tradition am Millstätter See

Peter Sichrowsky ist Ururenkel des letzten K.u.K.-Hoffischers.

Er nimmt Gäste mit, wenn er hinausrudert und die Netze einholt. Nein, er will kein Motorboot. Peter Sichrowsky (40) rudert lieber zu den Fischgründen am Südufer des Millstätter Sees. Genau wie einst sein Ururgroßvater, der letzte K.u.K-Hoffischer, der noch bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Kaiser und die Geistlichkeit mit frischem Fang beglückte. Heute freuen sich Urlauber. Nicht nur über edle Reinanken, die zur Familie der Lachse gehören, sondern auch über das besondere Erlebnis, wenn Peter sie zum Netze-Einholen mitnimmt.

Nur das sanfte Klacken der Ruder und das leise Plätschern des Wassers sind zu hören, wenn Peter in den Morgen startet und seine Spur in den noch spiegelglatten See zeichnet. Ruhig und gleichmäßig, der Gedanke an rhythmische Meditation taucht auf. Bis die erste Möwe nach etwa 20 Minuten laut schreiend auf sich aufmerksam macht. „Das ist Moritz“, sagt Peter. „Er frühstückt schon seit fünf Jahren bei uns und ist immer der erste an den Fischgründen.“ Die jugendlichen Draufgänger der Vogelschar machen ihm inzwischen ordentlich Konkurrenz, doch Peter achtet immer darauf, dass auch Moritz seinen Happen bekommt.

Ein guter Tag, sagt Peter.

Das Netz hängt in 20 Meter Tiefe und ist 100 Meter lang. Mit geübten Griffen holt Peter es Stück für Stück hoch, hangelt sich und das Boot daran entlang und befreit eine Reinanke nach der anderen aus den Maschen, bevor es wieder absinkt. Die Reinanke, anderswo auch als Renke bekannt, durchstreift das Wasser auf der Suche nach Plankton. Im Millstätter See, dem fischreichsten in ganz Österreich, fühlt sie sich pudelwohl.

 

Heute sind gut 40 Reinanken ins Netz gegangen. Den Beifang wie Goldaugen bekommen Moritz und seine Freunde. „Ein guter Tag“, sagt Peter, der immer nur soviel fangen will, wie auch tatsächlich gebraucht wird. Den Output kann er mit der Netzlänge regulieren. „An manchen Tagen verkürze ich auf 50 Meter.“

Frischer geht es wohl nicht

Peter braucht die Fische für die Gäste in seinem Hotel, der Villa Postillion am See in Millstatt, und für das Familienhotel Post, das ebenso zu den alteingesessenen Sichrowskys gehört. Zu Ururgroßvater Sichrowskys Zeiten wurden dem Kaiser die edlen Renken geliefert. Die Benediktiner vom Klosterstift Millstatt, das heute übrigens für seine hochkarätigen Kulturveranstaltungen bekannt ist, ließen sich vom K.u.K.-Hoffischer mit deftigen Fischen wie Barschen und Hechten beliefern.

 

Insgesamt fünf Familien teilen sich heute die Fischgründe im Millstätter See. Vier davon sind Reinankenwirte – Fischer mit Gastronomie, die den fangfrischen Edelfisch auf ihre Speisekarten setzen. Gegrillt oder gebraten, als Filet oder ganz. „Der Fisch schmeckt nach dem, was er isst“, so Peter: „Das ist wie mit dem Wein und den Lagen.“ Im Millstätter See ist bestes Plankton die Grundlage fürs kulinarische Erlebnis. Der wärmste See Kärntens, der 148 Meter tief ist und so viel Wasser fasst wie die anderen vier Seen des österreichischen Bundeslands zusammen, schafft durch seine hohe Wasserstabilität echtes Wohlfühlklima, denn „Fische mögen keine Veränderungen“.

Millstätter Zille das traditionelle Ruderboot

Peter wirft Möwe Moritz den letzten Fischhappen zu, nimmt dann die Ruder wieder in die Hand und steuert das Ufer der Villa Postillion am See an. Er kommt darauf zu sprechen, wie gesund die Reinanken wegen ihres hohen Gehalts an Omega 3-Fettsäuren sind. Dass man ihr Alter an den Jahresringen auf den Schuppen erkennen kann. Dass sie bei Vollmond tiefer schwimmen, weil sie sich vorm Licht schützen. Peter könnte ein ganzes Buch über die Reinanken und die Netzfischerei schreiben. Ein Kapitel wäre sicher auch der „Millstätter Zille“ gewidmet – dem Ruderboot-Typ, mit dem schon der Ururgroßvater unterwegs war: vorne breit und daher stabil, dennoch wendig und mit wenig Sitzbrettern, denn die sind nur Stolperfallen bei der Arbeit. Zwei- bis dreimal die Woche haben Urlauber im Sommer Gelegenheit, mit ihm hinaus auf den See zu fahren. Wer nicht in der Villa Postillion am See oder im Familienhotel Post wohnt, kann auf Anfrage freitags mit dabei sein und zahlt für das besondere Erlebnis und ein leckeres Fischgericht im Anschluss 20 Euro.

Wie einst sein Großvater

Ulrich Sichrowsky  räuchert für seine Hotelgäste die Fische 

Sind Peter doch mal zu viele Fische ins Netz gegangen, kommt sein Vater Ulrich Sichrowsky (74) ins Spiel: Entweder nach Bedarf oder im Winter (wenn für die Reinanken Schonzeit ist) holt er die Fische aus der Gefriertruhe und spaziert zu seinem alten Räucherofen, den auch schon sein Großvater benutzt hat. Hier zelebriert er regelrecht das Räuchern: „Die Buchenspäne sorgen für einen ganz speziellen, tollen Geschmack“, erklärt er, während er das Feuer schürt. „Es muss richtig heiß werden. Wir brauchen die Glut so lange wie möglich, damit die Fische auch schön durchgeräuchert werden. Dann muss ich mit dem Thermostat schauen, ob es schon heiß genug ist“, sagt Ulrich, hält prompt seine Hand an den Ofen und überlegt kurz. „Dauert noch“, meint er, macht es sich auf einem Holzstuhl bequem und kramt seine Zeitung heraus. Und wie lang dauert’s? „Genau so lang, bis ich mit meiner Zeitung fertig bin.“

Veröffentlicht von Villa Postillion am See

Villa Postillion am See
Kaiser-Franz-Josef-Straße 106
9872 Millstatt
Österreich

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Bild: Villa Postillion am See
Text: Villa Postillion am See