Wer im Sommer oder Herbst über die Almen und Höhenrücken der Berchtesgadener Berge wandert, findet sich vielleicht plötzlich in einem alpinen Almwiesengelände mitten unter lauter blühenden Enzianpflanzen verschiedenster Art und Farbe wieder. Und wenn der Wanderer gerade an eine der vier Brennhütten der Enzianbrennerei Grassl oder an deren Wurzelgraberhütte kommt, so kann er mit etwas Glück die Bearbeitung der Enzianwurzeln zu fertigem Enziandestillat miterleben: Was wie ein gut inszeniertes Schauspiel eines Freilichtmuseums klingt, ist gelebter Alltag in einer der letzten bayerischen Enzianbrennereien mit Wanderrecht. Dieses alte Wanderrecht gewährleistet es, dass die „Wurzelhacker" noch den gefragten violetten Enzian sammeln dürfen.
Enzian brennen ist harte Arbeit
Die Brennrechte der Enzianbrennerei Grassl gehen bis weit ins 17. Jahrhundert zurück. Alte Urkunden bezeugen, dass um 1602 der Untersteiner Gastwirt Grassl die Rechte und Pflichten erteilt bekam, „die Almen durch maßvolles, aber regelmäßiges Enzianwurzelgraben milchviehgerecht zu halten, Enzian zu brennen und zu verkaufen". Schon damals galt, die Wurzen frühestens nach sieben Jahren wieder an derselben Stelle zu graben. Zur Herstellung von Enzianbranntwein bedurfte es nur sauberes Quellwasser und Holz, beides war am Berg ausreichend vorhanden. Und so baute Grassl an verschiedenen Plätzen seine Brennhütten. Doch das Leben am Berg war mühsam – nach der Ernte, dem beschwerlichen Transport der täglich rund 100 Kilo Wurzen zur Hütte und dem Brennen brachte Grassl mit dem ersten Schnee seine Ausbeute ins Tal: In Fässer gefüllt, die er, seine Familie samt Esel auf dem Rücken den steilen Berg hinab schleppten. Auch wenn er mit seinem Enzian nicht reich werden konnte, so war der Schnaps unter den Berchtesgadenern doch sehr beliebt – bei allen Gebirglern, die sich mit einem Stamperl bei der harten Arbeit stärkten, wie auch bei den hohen und adligen Herren, die ihn gern nach opulenten Mahlzeiten verköstigten.
Um zu überleben, besann sich der findige Franz Grassl auf seine Begabung und die seiner zahlreichen Kinder – die Musikalität. Und so begann er bei allerlei festlichen Anlässen aufzuspielen, zunächst in der eigenen Wirtschaft, später auch außer Haus. Und so verbinden die Berchtesgadener – und alle die ihn kennen – den würzigen Grassl Gebirgs-Enzian heute wie einst mit Geselligkeit und Frohsinn, mit wohltuender Wirkung und Bekömmlichkeit.
Jeden Herbst ziehen die „Wurzelgraber" mit ihren Spezialhacken ins Gebirge
Noch heute ziehen jeden Herbst in der Zeit des Almabtriebs die „Wurzelgraber" mit ihren Spezialhacken ins Gebirge. Auf der Wurzelhackbank an der Brennhütte werden die frischen Enzianwurzeln kleingehackt und anschließend mit Gebirgsquellwasser sowie Hefe vermengt. Es folgt die Einfüllung der Maische in Gärbottiche. Die sogenannte „Enzianmaische" gärt mehrere Wochen lang und bildet Alkohol aus dem Fruchtzucker der Wurzel. Anschließend wird die fertig vergorene Maische in Kupferbrennblasen doppelt gebrannt. Den letzten Schliff in geschmacklicher Hinsicht erhält der Enzianbrand während der fünfjährigen Lagerung in Eschenholzfässern in tiefen Felsenkellern. So erlangt er seinen charakteristischen Geschmack. Viel Arbeit und Mühe steckt dahinter, bis aus den Enzianwurzen der Berchtesgadener Berge die berühmten Grassl Spezialitäten werden; und ebenso so viel Ruhe und Zeit, bis die Brände in edlen Eschenholzfässern gereift sind. Auch deshalb gilt bei Grassl – Zeit lassen ... Enzian trinken. Die gesamt Produktpalette und mehr Informationen sind auf www.grassl.com zu find
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Veröffentlicht von GOURMETmagazin
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